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Newsletter der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen 8/2023


Neuerscheinung
Rolf Steininger: Die Gründung des Staates Israel - 14. Mai 1948


Am Nachmittag des 14. Mai 1948 verlas der Zionistenführer Ben Gurion im Museum von Tel Aviv die Unabhängigkeitserklärung für den neuen Staat Israel. Dessen Vorgeschichte ist einzigartig und faszinierend zugleich. Angesichts des zunehmenden Antisemitismus hatte der Wiener Theodor Herzl bereits 1896 einen Staat nur für Juden gefordert und seinen Landsleuten zugerufen: »Wenn ihr wollt, ist es kein Märchen.«

1917, noch während des Ersten Weltkrieges, sicherten die Briten den Zionisten ihre Unterstützung beim Aufbau einer »nationalen Heimstätte in Palästina« zu, wo allerdings 500.000 Araber lebten. 1922 erhielt Großbritannien vom Völkerbund das Mandat für Palästina. 1937 schlug London die Teilung in einen jüdischen und einen arabischen Staat vor. Die Zionisten akzeptierten, die Araber lehnten ab.

Angesichts des drohenden Krieges änderten die Briten 1939 mit Blick auf die Araber ihre Politik: keine weitere jüdische Einwanderung nach Palästina, kein jüdischer Staat. Als nach dem Krieg jüdische Terroraktionen gegen die Briten in Palästina immer mehr Opfer forderten, gab Großbritannien im Februar 1947 sein Palästinamandat an die UNO zurück, die im November 1947 die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat beschloss. Die Araber lehnten diese Entscheidung ab. Es folgte ein blutiger Krieg Araber gegen Juden mit Terror, Flucht und Vertreibung der Araber.

Die Unabhängigkeit Israels trat um Mitternacht des 14. Mai in Kraft. Während Präsident Truman 11 Minuten später Israel anerkannte, griffen Ägypten, Transjordanien, Syrien, der Irak, Saudi-Arabien und der Libanon Israel an. Der erste israelisch-arabische Krieg hatte begonnen und endete mit einem Sieg Israels.

Zur Bestellung


Veranstaltung
Feindbild Israel: Udo Albrecht, der rechte Terror und die Geheimdienste


11.04.2023 | 18:00 | Mühlhausen, VHS Unstrut-Hainich-Kreis, Meißnersgasse 1B

13.04.2023 | 18:00 | Weimar, VHS Weimar, Graben 6

Buchvorstellung und Vortrag von Dr. Jan Schönfelder

Der Rechtsextremist Udo Albrecht verbündete sich gegen seinen Hauptfeind Israel über ideologische Gräben und Grenzen hinweg mit den Gegnern des jüdischen Staates. So pflegte er auch engste Kontakte zu militanten Palästinensern um PLO-Chef Jassir Arafat.

Nach biografischen Stationen in Thüringen floh Albrecht in den 1950ern nach Westdeutschland. Als „einfacher“ Krimi­neller, Auto- und Waffenschmuggler wurde er dort mehrmals zu Gefängnisstrafen verurteilt und brach wiederholt aus. Bei seiner achten Flucht aus einer Haftanstalt überwand Albrecht sogar wieder die deutsch-deutsche Grenze zur DDR. Die Staatssicherheit ließ ihn mit neuer Identität zum gemeinsamen Verbündeten PLO entkommen. Geheimdienste aus Ost und West beschatteten über Jahre den Mann - und trotzdem ist er wie vom Erdboden verschluckt.

„Wohin verschwand 1981 Udo Albrecht?“ Mit dieser Frage listete 2019 das Magazin „Focus“ eines der „70 größten Geheimnisse“ der Bundesrepublik Deutschland auf.
Jan Schönfelder hat sich auf die Spur dieses über Jahrzehnte gesuchten rechts­extremen Kriminellen gemacht. Er hat Ermittlungsakten und Geheimdienstberichte ausgewertet. Und ist unter anderem der Frage nachgegangen, ob Albrecht von ­einem Geheimdienst gesteuert wurde.

Dr. Jan Schönfelder ist Historiker und arbeitet als Journalist beim Mitteldeutschen Rundfunk.


Veranstaltung
60 Jahre DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“ – Zwischen Mythos, internationaler Filmgeschichte und regionaler Erinnerungskultur


11.04.2023, 19:00 Uhr Kino mon ami Weimar

03.05.2023, 18:00 Uhr Villa Rosenthal Jena

Vor 60 Jahren, am 10. April 1963, wurde Frank Beyers Verfilmung „Nackt unter Wölfen“ nach dem gleichnamigen Roman von Bruno Apitz (erschienen 1958) im Berliner Kino Colosseum uraufgeführt. Die berührende Geschichte von der Rettung eines dreijährigen jüdischen Kindes, das von seinem Vater im Frühjahr 1945 in die Hölle des Konzentrationslagers Buchenwald eingeschleust wurde und dort nur aufgrund der Solidarität Häftlingen aus unterschiedlichen Ländern bis zur Befreiung des Lagers am 11.04.1945 überlebte, hatte in der DDR ähnliche Bedeutung wie das „Tagebuch der Anne Frank“ in Westdeutschland und trug in seiner Gesamtaussage wesentlich zum antifaschistischen Gründungsmythos der DDR bei. Im Wintersemester 2022/23 wurde an der Universität Erfurt von Studierenden im Seminar von Prof. Dr. Michael Grisko eine Wanderausstellung unter dem Titel „60 Jahre 'Nackt unter Wölfen' – Zwischen Mythos, internationaler Filmgeschichte und regionaler Erinnerungskultur“ erarbeitet, die bereits im Februar in der Thüringer Landesvertretung Berlin präsentiert wurde, zurzeit noch bis zum 27.04. in der Universitätsbibliothek Weimar Station macht und vom 03.05. bis zum 01.09.2023 in der Villa Rosenthal in Jena zu sehen sein wird. Zum 78. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald und zum 60. Jahrestag der Uraufführung zeigt die Landeszentrale begleitend zur Ausstellung in der Weimarer Universitätsbibliothek am 11. April um 19:00 Uhr den DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“ mit einer Einführung von Michael Grisko im Kino mon ami in Weimar. In Jena wird der Film am 3. Mai im Rahmen der Ausstellungseröffnung ab 18:00 Uhr in der Villa Rosenthal vorgeführt.


Veranstaltung
Ein Überlebender des Gettos von Schargorod (Ukraine) berichtet: Boris Zabarko (Kiew/Stuttgart) im Gespräch mit Marc Sagnol (Paris/Erfurt).


13.04.2023, 19:30 Uhr, Notenbank Weimar, Steubenstraße 15

Boris Zabarko überlebte als Kind in der Ukraine das Getto Schargorod. Als Historiker hat er es sich später zur Lebensaufgabe gemacht, Berichte von Überlebenden des Holocaust in der Ukraine zu sammeln und zu veröffentlichen. Zwischen 1999 und 2013 sind in Kiew sechs Bände der von Zabarko gesammelten Zeugenberichte unter dem Titel »Мы хотели жить« (»Wir wollten leben«) erschienen (2004 dt. Übersetzung, Neuauflage 2016: »Nur wir haben überlebt: Zeugnisse und Dokumente«). 2013 wurde in Kiew ein weiterer Band seiner Zeugenberichte veröffentlicht, der nun auf Deutsch vorliegt und mit einem kritischen und historischen Apparat versehen ist: »Leben und Tod in der Epoche des Holocaust in der Ukraine« (Metropol Verlag 2019). Seit 2004 ist Boris Zabarko Präsident der ukrainischen Vereinigung ehemaliger jüdischer Häftlinge der Gettos und nationalsozialistischen Konzentrationslager. Anfang März 2022 musste er aus Kiew fliehen, um seine Enkelin und sich in Sicherheit zu bringen. Marc Sagnol ist Philosoph, Filmemacher und Autor, der sich intensiv mit der jüdischen Geschichte in der Ukraine beschäftigt und die Orte aufgesucht hat, in denen Zabarko seine Jugend verbrachte und von denen die Zeitzeugen im Buch berichten. Es sind die ehemaligen Gettos Schargorod, Berschad und Tultschin. In seinem Film »Die Wasser des Bug« (2020) lässt Sagnol Überlebende aus diesen Gettos zu Wort kommen, die Zabarko persönlich sehr gut kennt oder gekannt hat. Die Veranstaltung präsentiert einen Ausschnitt (ca. 15 min) aus dem Film von Marc Sagnol. Anschließend spricht er mit Boris Zabarko und dem Publikum über die weitgehend unbekannte Geschichte der Gettos im damals »Transnistrien« genannten Teil der Ukraine.

Eine Veranstaltung des Weimarer Rendez-vous mit der Geschichte in Kooperation mit der Landeszentrale für Politische Bildung


Rückblick
LZT Bildungsreise 2023 nach Israel und in die palästinensischen Autonomiegebiete


Die LZT organisiert seit 32 Jahren regelmäßig Bildungsreisen nach Israel. Mitte März waren wir wieder mit einer Gruppe in Israel unterwegs. Nach der Busfahrt nach Frankfurt und dem Flug Frankfurt – Tel Aviv nahm uns unsere Reiseleiterin Michal Hofman von SarEl-Tours in Israel in Empfang und wir fuhren nach Jerusalem. Das restlos ausgebuchte Hotel Grand Court in Ostjerusalem nahe des Damaskus-Tores war während der Tage in Jerusalem unser Domizil.

Am ersten Tag standen für uns der Tempelberg in Jerusalem und Tel Aviv auf dem Programm. Bei den drei Terminen in Tel Aviv ging es um die israelische Wirtschaftspolitik. Grisha Alroi-Arloser, Geschäftsführer der AHK Israel / German-Israeli Chamber of Industry & Commerce, und Dr. Maike Thier-Seidenfaden, Leiterin der Wirtschaftsabteilung der Deutschen Botschaft, gaben dazu einen guten Einblick. Beim anschließenden Besuch des The Peres Center for Peace & Innovation מרכז פרס לשלום ולחדשנות lag der Fokus auf der Start-Up-Nation Israel.

Das dichte Programm am zweiten Tag unserer Bildungsreise nach Israel begann mit einem Besuch im israelischen Parlament, der Knesset. Vor 75 Jahren wurde der Staat Israel gegründet. Bei der Führung durch das israelische Parlament erfuhren wir viel über die Hintergründe, sahen Zeitzeugnisse und diskutierten die Arbeitsweise des Parlaments. Weiter ging es in der Schmidt-Schule Jerusalem. Der stellvertretenden Schulleiter Dirk Poppendieker und die Verwaltungsleiterin Dörthe Kleine-Pollmann stellten uns die deutsche Auslandsschule für palästinensische Mädchen vor. Vom benachbarten Paulus-Pilgerhaus hatten wir zudem einen wunderschönen Blick über Jerusalem.



"Denkmal und Name" ist die Übersetzung von Yad Vashem, der Gedenkstätte des Holocaust. Immer wieder ein Besuch, der traurig und nachdenklich macht, und immer wieder einer der wichtigsten Punkte bei Besuchen in Jerusalem. Wir haben Verantwortung, dass es nie wieder passiert!

Der österreichische Journalist Ben Segenreich ordnete für uns am Abend die israelische Geschichte bis hin zur aktuellen Politik ein. Thema war auch die derzeit heiß diskutierte Justizreform. Den Tagesausklang und die Reflexion eines spannenden und hochpolitischen Tages gab es mit der besten Aussicht auf Jerusalem in der Roof-Top Weinbar Notre Dame.

Im Rahmen einer politischen Bildungsreise geht es immer auch um die Betrachtung beider Seiten. In Hebron im besetzten Westjordanland verläuft die Konfliktlinie quer durch die Stadt zwischen Siedlern und Palästinensern. Ori Givati, ein ehemaliger israelischer Armeeangehöriger, arbeitet für die Organisation Breaking the Silence. Er und Issa Amro von der Organisation Youth Against Settlements sprachen mit uns über die schwierige Situation in der „Geisterstadt Hebron“, die von Kontroll- und Checkpoints durchzogen ist. Hebron ist eine der ältesten durchgängig bewohnten Städte und gehört sowohl im Judentum, als auch im Islam zu den vier wichtigsten heiligen Städten. Der  Gebäudekomplex um die Machpela, dem Grab der Patriarchen, ist dreigeteilt und umfasst eine Moschee, eine Synagoge und eine Kirche. Diese Sehenswürdigkeiten werden allerdings nicht mehr von Touristen besucht. Wir kamen sehr nachdenklich von der Tagestour aus Hebron zurück und wie immer mit mehr Fragen als Antworten.

Am Abend war der israelische Autor und Journalist David Witzthum unser Gesprächspartner. Im Gespräch ging es um innenpolitische Themen in Israel. Schon in den ersten Tagen haben wir immer wieder Demonstranten mit israelischen Fahnen und häufig als Form des Protestes in Rot gekleidet gesehen. Sie protestieren gegen die von der Regierung geplante Justizreform. Israel ist seit Jahren in zwei gleichstarke Lager geteilt. Der jüngste Wahlsieg und die folgende Regierungsbildung waren für den Premierminister Benjamin Nethanjahu denkbar knapp. Die Justizreform spaltet nun das Land zusätzlich.

Am vierten Tag unserer Bildungsreise waren wir zu Beginn unseres Besuchs in Bethlehem im Walled Off Hotel zu Gast. Im Walled Off Hotel, welches von Banksy 2017 gestaltet wurde, geht es im Schatten der Mauer thematisch um den Konflikt vor Ort. Die pauschale Kritiken Banksys an Israel und allen Aspekten der Besatzung wurde auch bei uns in der Gruppe kontrovers diskutiert. Wir erörterten dies mit Nico Fritschler vom Vertretungsbüro der Bundesrepublik Deutschland und Steven Höfner, dem Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung Palestinian Territories. Nach dem Besuch der Geburtskirche und einem Stadtrundgang ging es zu einer der insgesamt 49 Universitäten im Westjordanland. In der Dar al-Kalima Universität in Bethlehem sprachen wir mit dem Präsidenten Mitri Raheb. Nur wenige Meter von der Grenze zu Gaza befindet sich das Dorf Netiv HaAsara, zu dem wir am Nachmittag fuhren. Wir erhielten dort Informationen zur Sicherheitslage und dem Projekt נתיב לשלום Path to Peace.



Unser Vormittagsprogramm am fünften Tag wurde kräftig durcheinander gewirbelt. Überall Absperrungen für den Jerusalem-Marathon. Die Wartezeit gab uns die Gelegenheit die 30.000 Läuferinnen und Läufer am Zion Gate anzufeuern, bevor wir zur 160 Meter entfernten Dormitio konnten. Nur mit Hilfe mehrerer Polizisten gelang es uns, zum verabredeten Gespräch zu kommen. Für das gute Gespräch zur Situation der Christen im Heiligen Land dankten wir Abt Pater Nikodemus Schnabel und gratulierten ihm zum neuen Amt als Abt. Die Führung durch die Altstadt und der Besuch der heiligen Stätten, das Österreichische Hospiz sowie der Gang vom Ölberg zum Garten Gethsemane und weiter durch das Kidron Tal standen für den Nachmittag an. Am Abend waren wir an der Klagemauer zum Shabbat-Empfang.

Nach sechs Tagen mussten wir schließlich Abschied von Jerusalem nehmen. Ein Tagesausflug nach Masada stand auf dem Programm. Der Nationalpark Masada steht an der Spitze der touristischen Attraktionen in Israel und ist zugleich von hoher symbolischer Bedeutung. Der Besuch am und das Baden im Toten Meer gehören natürlich auch zu jedem Israel-Besuch und waren zudem wichtig für die Work Life Balance unserer Bildungsreise.  Auf die folgenden Tage am See Genezareth und den Besuch der Heiligen Stätten hat uns am Abend Dr. Georg Röwekamp, Leiter der Tagungs- und Pilgerstätte Thabgah, eingestimmt. In unserem Hotel Nof Ginnosar direkt am See erläuterte er uns das deutsche Engagement für die Heiligen Stätten sowie die Situation der Christen in Israel. Weiter ging es am nächsten Tag mit einer Vormittagstour durch die UNESCO Weltkulturerbe-Stadt Acco und am Nachmittag mit dem Besuch von Haifa, der Partnerstadt Erfurts, mit einer Führung durch die Bahai-Gärten und Tempel. Höhepunkt des Tages war aber zweifellos der Besuch beim legendären israelischen Starkoch Uri Buri. Neben dem tollen Essen konnten wir mit ihm über sein beeindruckendes Projekt der Integration verschiedener Kulturen in seinem Restaurant und Hotel sprechen.

Volles Programm gab es auch am vorletzten Tag unserer Israel-Bildungsreise: Berg der Seeligpreisungen,  Golan Heights Winery, Tabgha, Kapernaum, Taufstelle Yardenit und Magdala. Und es wurde auch noch einmal hochpolitisch. Auf dem Golan sind wir mit dort dienstleistenden Soldaten direkt an der Grenze zu Syrien ins Gespräch gekommen. In Blickweite der syrischen Grenze wurde uns die brisante und spannungsgeladene Situation noch einmal überdeutlich. Am letzten Tag unserer Bildungsreise der Landeszentrale Thüringen nach Israel ging es nach Nazareth zu einem Stadtrundgang und Besuch der Verkündigungsbasilika, der größten Kirche im Nahen Osten.

Viel zu schnell vergingen die neun Tage in Israel. Tolle Erlebnisse, viele neue noch unbeantwortete Fragen und hoffentlich viele der 35 Reiseteilnehmer, die sich mit dem "Israel-Virus" infiziert haben.

Reisebilder


Veranstaltungsrückblick
Rückblick auf die 31. Tage der jüdisch-israelischen Kultur in Thüringen


"Unsere Freundschaft mit Israel in herausfordernder Zeit" war das Thema eines Vortrags des Präsidenten der deutsch-israelischen Gesellschaft Volker Beck am 9. März im Kulturzentrum der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Die Veranstaltung im Rahmen der 31. Jüdisch-Israelischen Kulturtage war eine Kooperation der Jüdischen Landesgemeinde,  der LZT und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Thüringen. Volker Beck schlug den Bogen von der Gründung des Staates Israel, über die sicherheitspolitischen Lage in Israel bis zu den aktuellen innenpolitischen Problemen und Protesten bezüglich der von der neuen Regierung geplanten Justizreform.



Buchvorstellung und Diskussionsveranstaltung: Benjamin Lahusen, „Der Dienstbetrieb ist nicht gestört“. Die Deutschen und ihre Justiz 1943- 1948.

Der Rechtshistoriker und Professor an der Juristischen Fakultät der Viadrina Universität Frankfurt (Oder), Benjamin Lahusen, referierte am 9. März im Rahmen der 31. jüdisch-israelischen Kulturtage über die Geschichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit im nationalsozialistischen Deutschland und während der alliierten Besatzungszeit. Ausgangspunkt des Vortrags war das Spannungsverhältnis zwischen einem erzwungenen sogenannten „Stillstand der Rechtspflege“ und den vielfältigen Bemühungen der Justiz zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs während des Zweiten Weltkriegs und der unmittelbaren Nachkriegszeit. Neben geradezu banal erscheinenden Beispielen der Rechtsprechung anhand konkreter Verfahrensakten aller Rechtsgebiete während des gesellschaftlichen Ausnahmezustandes des Jahres 1945 wurde u.a. auch die Fallgeschichte der grundbuchmäßigen Erfassung der besetzten polnischen Stadt Auschwitz durch den deutschen Justizapparat behandelt.

Im Zentrum des Vortrags standen dabei nicht Krieg und Gewalt als Sonderfall bzw. das „Unnormale“ in der Rechtsprechung sondern Fragen der Normalität im Handeln einer routinierten Sachlichkeit eines Justizsystems, das inmitten eines allgemeinen Ausnahmezustandes an den bewährten Formeln Autorität, Berechenbarkeit und Stabilität festzuhalten suchte. Dieses Vorgehen mag zunächst einmal als unpolitisch erscheinen, verkennt aber, dass Juristen dabei wesentlich zur  Aufrechterhaltung eines verbrecherischen Systems beigetragen haben. Von dieser Schlussfolgerung seiner historischen Studie ausgehend, leitete Benjamin Lahusen die berufsethische Frage des Lerneffekts für den Rechtsbetrieb ab. Daran anschließend wurde mit dem zahlreich erschienenen Publikum über die besondere Bedeutung und Verantwortung von Juristen für die Rechtsstaatlichkeit, auch in der Gegenwart, diskutiert. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit der Erfurter Juristischen Gesellschaft und dem Erinnerungsort Topf & Söhne statt.



Drei Kinofilme zu den jüdisch-israelischen Kulturtagen 2023 im Metropol Kino Gera zur Weiterführung unserer gemeinsamen Filmreihe „Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen“

Zu den 31. Thüringer Tage der Jüdisch-Israelischen Kultur setzte das Metropolkino Gera in Kooperation mit der Stadt Gera/Gera-Kultur, dem Verein Gedenkstätte Amthordurchgang und der Landeszentrale die Filmreihe zu neun Jahrhunderten jüdisches Leben in Thüringen fort. Im Rahmen der Reihe liefen zu den jüdisch-israelischen Kulturtagen der Jugendfilm „Wo ist Anne Frank?“ (F 2021) von Ari Folman, der Dokumentarfilm „Eine Frau“ (D 2012) von Jeanine Meerapfel und die Komödie „Das Schwein von Gaza“ (F, D, BE 2011) von Sylvain Estibal. Die Reihe soll im Jahr 2023 fortgesetzt werden.


Neuerscheinung
Globaler Antisemitismus - Eine Spurensuche in den Abgründen der Moderne


Auf 257 Seiten hat sich der Autor Samuel Sazborn in seinem Buch „Globaler Antisemitismus. Eine Spurensuche in den Abgründen der Moderne“ mit dem Antisemitismus auseinander gesetzt.

Sowohl im rechten und linken politischen Spektrum als auch im radikalen Islam lässt sich der Hass auf Juden einerseits ideengeschichtlich nachzeichnen, andererseits an aktuellen Beispielen belegen. Samuel Salzborn versteht Antisemitismus als negative Leitidee der Moderne, die auf einer grundsätzlichen Ablehnung von Aufklärung, Liberalismus und Rationalität fußt.

Diese Verlagspublikation der Bundeszentrale für politische Bildung versenden wir nur in Thüringen. Zu bestellen ist das Buch über die Homepage der LZT.

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Publikationen
Bücher der Bundeszentrale vorgestellt


Michael Wolffsohn: Eine andere Jüdische Weltgeschichte

Die Geschichte des Judentums ist vielschichtig und komplex. Detailliert zeigt der Historiker Michael Wolffsohn auf, wie jüdische Gemeinden seit der Antike in verschiedenen Weltregionen lebten und was ihre Entwicklung bis in die Neuzeit hinein prägte. So gibt er Einblicke in die unterschiedlichen geografischen und politischen Rahmenbedingungen jüdischen Lebens und arbeitet die vielfältigen theologischen, kulturellen und sozialen Zusammenhänge heraus.

Bei allem Wandel erkennt Wolffsohn wesentliche Elemente, die für die jüdische Geschichte bis in die Gegenwart prägend gewesen seien. Neben Gegensätzen, wie zwischen Israel und jüdischer Diaspora oder zwischen Universalismus und Partikularismus, also zwischen Weltoffenheit und Abgeschlossenheit, identifiziert der Autor die Erfahrung einer „Existenz auf Widerruf“ als ausschlaggebend für die Situation von Jüdinnen und Juden. Speziell in der Diaspora waren diese immer wieder Verfolgung und Hass ausgesetzt. Erst die Gründung des Staates Israel habe eine Alternative geschaffen, in der das Überleben zumindest nicht mehr von der Einstellung der jeweiligen Obrigkeit oder Mehrheitsgesellschaft gegenüber der jüdischen Bevölkerung abhängig sei.

Shulamit Volkov: Deutschland aus jüdischer Sicht - Eine andere Geschichte vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Jüdisches Leben in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert war geprägt vom Wechselspiel zwischen Emanzipation und Ausgrenzung. Zwar wurden Jüdinnen und Juden in dieser Zeit rechtlich gleichgestellt, entwickelten ein Zugehörigkeitsgefühl zur Nation, und einige von ihnen erarbeiteten sich Wohlstand. Zugleich hörten Ausgrenzung und Antisemitismus aber nie auf und mündeten in den Zivilisationsbruch des Holocaust.

Die israelische Historikerin Shulamit Volkov lässt uns drei Jahrhunderte deutsche Geschichte aus einem jüdischen Blickwinkel betrachten. Sie umreißt die historischen Grundlinien vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart und wirft Schlaglichter auf gesellschaftliche Entwicklungen, die deutsche Jüdinnen und Juden oft anders erlebt haben als ihre nichtjüdischen Mitbürger. Volkov beschreibt die Ambivalenz von Inklusion und Exklusion, von Gleichberechtigung und Diskriminierung, erzählt von der zentralen Rolle von Juden für die Modernisierung Deutschlands, vom Patriotismus deutscher Juden im Ersten Weltkrieg und schildert die Schrecken der Shoah sowie die lebhaften erinnerungspolitischen Debatten nach dem Zweiten Weltkrieg aus jüdischer Sicht: Die Zweideutigkeit von Fremdsein und Heimat bestehe auch heute noch fort.

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