Veranstaltungen

30.08.2023 | 18:00 | Erfurt, Europäisches Informationszentrum (EIZ), Anger 39
Gabriele Lesser, Osteuropahistorikerin und Polenkorrespondentin der taz

Vortrag & Gespräch

Polen vor der Parlamentswahl 2023

Polen steht im Herbst 2023 vor der Wahl. Zum zehnten Mal seit dem Systemwechsel 1989, in dessen Ergebnis die Dritte Polnische Republik (III. Rzeczpospolita) entstand, werden die Mitglieder des Sejm (Unterhaus) und des Senats (Oberhaus) in der Nationalversammlung gewählt. Kurz vor dem Wahltermin wird die Osteuropahistorikerin und Journalistin Gabriele Lesser über die aktuelle Situation in Polen informieren und diskutieren.
Seit acht Jahren regiert die von Jarosław Kaczyński geführte rechtskonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) und verfolgt zielstrebig den Aufbau eines autoritären Systems in Polen. Wird PIS das dritte Mal gewählt, könnte die Partei das von ihr geschaffene autoritäre System vollenden. Es wird befürchtet, dass die demokratische Opposition zum letzten Mal die Chance hat, eine Wahl zu gewinnen.
Die Oppositionsparteien bleiben zersplittert und gespalten. Die stärkste Oppositionspartei ist die liberal-konservative Bürgerplattform (Platforma Obywatelska - PO), an deren Spitze Donald Tusk steht. Auf Platz 2 steht eine erst im Jahr 2020 vom damaligen Präsidentschaftskandidaten Szymon Hołownia initiierte Gruppierung namens Polen 2050 (Polska 2050). Tief in der Krise steckt der linke politische Flügel. Er tritt zurzeit unter dem Schild Neue Linke (Nowa Lewica) auf, hinter dem der Zusammenschluss der Demokratischen Linksallianz (Sojusz Lewicy Demokratycznej – SLD) und der Partei Gemeinsam (Razem) mit der an Bedeutung verlierenden Partei Frühling (Wiosna) steht. Krisengebeutelt ist auch die schwächste der Oppositionsparteien, die Polnische Bauernpartei (Polskie Stronnictwo Ludowe – PSL). Zwei Legislaturperioden lang war sie Regierungspartner der PO, inzwischen distanziert sie sich jedoch von ihr und balanciert in Umfragen um die Fünf-Prozent-Hürde herum.
Außerhalb des Regierungslagers gibt es noch eine weitere parlamentarische Gruppierung, die rechtsnationalistische bis rechtsextreme Konföderation (Konfederacja). Sie grenzt sich von den anderen Oppositionsparteien ab, greift aber aus ihren radikalen Positionen heraus teilweise auch die PIS-Regierung an. Insgesamt wird sie als potentieller Koalitionspartner der PiS betrachtet, sollte diese dauerhaft ihre parlamentarische Mehrheit verlieren.
Derzeit liegen PIS und PO gleichauf, der Wahlausgang scheint offen. Noch unklar ist, wie sich die anderen Parteien nach dem Wahlgang (wahrscheinlich am 15.10.) positionieren werden.

Gabriele Lesser ist Historikerin und Journalistin. Sie studierte osteuropäische Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie in Köln, Mainz, Frankfurt/Main und Krakau. Sechs Jahre lang arbeitete sie am Seminar für Osteuropäische Geschichte an der Universität Köln. Seit 1995 ist Lesser ständige Polen-Korrespondentin der taz sowie weiterer Tages- und Wochenzeitungen in Deutschland. Sie lebt in Warschau und Berlin.
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